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Die Elektrizierung der schlesischen Gebirgsbahnen

Die elektrische Zugförderung auf den schlesischen Gebirgsbahnen
Vom Geheimen Baurat Epstein, Breslau 1913

[...] Eine aus zwei Elektrizitätsfirmen gebildete Vereinigung führt auf ihre Kosten den Bau und den Betrieb des Kraftwerkes aus und liefert der Eisenbahnverwaltung den Strom zum Preise von 2,74 Pfennig für die Kilowattstunde, hochspannungsseitig gemessen. Dieselbe Vereinigung stellt auch die Speiseleitungen nebst Unterwerken auf ihre Kosten her und hält diese Anlagen in betriebsfähigem Zustande gegen Zahlung einer Pauschvergütung für Tilgung, Verzinsung und außergewöhnliche Unterhaltung vor. Die laufende Unterhaltung dagegen hat sich die Eisenbahnverwaltung selbst vorbehalten. Alle übrigen Anlagen, insbesondere also die Fahrleitungen nebst allem Zubehör sowie die Fahrzeuge beschafft die Eisenbahnverwaltung selbst und auf eigene Kosten.
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Schon im Herbst 1911 wurde eine Probestrecke von 1500 m Länge mit allen drei Systemen [Anmerkung: gemeint sind die Firmenbauarten AEG, SSW und BEW - Beschreibung in den nachfolgenden Kapiteln] auf der Paßhöhe der Strecke Hirschberg-Grünthal bei Jakobsthal hergestellt, um die Wirkungen der dortigen ungewöhnlichen Witterungsverhältnisse festzustellen. Es sind jedoch in zwei Winterhalbjahren keinerlei besondere Erscheinungen an den Fahrleitungen aufgetreten, alle drei Systeme haben sich gleich gut gehalten. Die Stützpunkte, eiserne Joche auf zweigleisigen Strecken und einfache Auslegermaste auf eingleisigen Strecken, sind auf geraden Strecken 100 m voneinander entfernt und tragen die Fahrleitung mittels doppelter Porzellanisolierung.


Fahrleitungsjoche für zweigleisige Strecken, Siemens Corporate Archive


Einfacher Auslegermast für eingleisige Strecke (Bergmann-Elektricitaetswerke)

Der Fahrdraht liegt auf der freien Strecke 5,5 m und auf den Bahnhöfen 6 m über Schienenoberkante. Bei der Spannweite des Tragseils von 100 m beträgt dessen Durchhang 3 m, so daß die das Tragseil unterstützenden Isolatorenböcke etwa 9 m hoch liegen müssen. Zur Ausgleichung der Längenänderungen infolge von Temperaturunterschieden wird die Leitung in 1,5 km lange Abschnitte zerlegt und diese durch Gewichte nachgespannt.
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Versuchsweise sind außer den allgemein üblichen eisernen Masten auch eine Anzahl von Schleuderbetonmasten verwendet, die nach Angabe der Lieferfirma keiner Unterhaltung bedürfen sollen. Es ist darauf gehalten worden, daß die Maste möglichst leicht aussehen und nicht störend in Erscheinung treten, was auch im allgemeinen gelungen ist.
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Bei den Tunneln und Wegüberführungen machte die Anbringung der Fahrdrähte infolge zu geringen lichten Raumes Schwierigkeiten; da eine Änderung der Tunnel ausgeschlossen war, so mußten Lage und Befestigung des Fahrdrahtes danach ausgerichtet werden. Mehrere Überführungen mußten geändert werden, um eine lichte Höhe von 5,20 m über Schienenoberkante, die für die Befestigung der Fahrleitung unter dem Bauwerk nötig ist, zu gewinnen.  In der Regel waren wenig mehr als 4,80 m lichte Höhe vorhanden.

[Zeitung des Vereins Deutscher Eisenbahnverwaltungen Nummer 78, 8. Oktober 1913 und Nummer 79, 11. Oktober 1913]

Beginn der  Elektrifizerungsarbeiten

Im Mai 1912 begannen die Elektrifizierungsarbeiten auf den schlesischen Gebirgsbahnen. Sie begannen im Waldenburger Gebiet und arbeiteten sich in die Richtungen Halbstadt, Königszelt und Hirschberg vor. Bis zum Ausbruch des 1. Weltkrieges im August 1914 konnte lediglich eine Strecke (Nieder Salzbrunn-Halbstadt) in Betrieb genommen werden, danach setzten sich die Elektrifizierungsarbeiten nur noch zögerlich und in kleinen Schritten fort. Teilweise wurde bereits montierte Fahrleitung wieder abgenommen und das dadurch gewonnen Kupfer der Rüstungsindustrie übermittelt. Erst nach dem Krieg nahmen die Arbeiten wieder Tempo auf, wurden aber immer wieder durch wirtschaftliche Unruhen (Inflation Anfang der 1920er Jahre, Weltwirtschaftskrise 1929) und finanzielle Schwierigkeiten behindert.


Tragwerksmontage auf der Strecke Ruhbank-Merzdorf (1914), Siemens Corporate Archive


Montage eines 31,5 m langen Querträgers auf dem Bahnhof Reibnitz (1914), Siemens Corporate Archive


Montage der Endabfangung am Abspannjoch, Strecke Ruhbank-Merzdorf (1914), Siemens Corporate Archive

Aufnahme des elektrischen Zugbetriebes:
Nieder Salzbrunn - Halbstadt (35 km)1. Juni 1914
Gottesberg - Fellhammer Gbf/Verbindungsgleis (1,7 km)15. Juli 1915
Gottesberg - Dittersbach - Freiburg (27,9 km)1. Januar 1916
Freiburg - Königszelt (9,2 km)1. April 1917
Gottesberg - Ruhbank (13,3 km)22. Oktober 1919
Ruhbank - Merzdorf (6,3 km)8. Dezember 1919
Merzdorf - Schildau (15,6 km)16. Januar 1920
Schildau - Hirschberg (5,1 km)21. Juni 1920
Ruhbank - Landeshut - Liebau (16,1 km)17. August 1921
Hirschberg - Lauban (52 km)15. April 1922
Hirschberg - Grünthal (48,9 km)15. Februar 1923
Lauban - Görlitz (25,6 km)1. September 1923
Görlitz - Schlauroth (3,2 km)20. März 1924
Königszelt - Breslau Freiburger Bahnhof (48,33 km)28. Januar 1928
Lauban - Kohlfurt (21,75 km)3. April 1928
Lauban - Marklissa (10,8 km)22. Juni 1928
Groß Mochbern - Güterbahnhof  Mochbern - Breslau Freiburger Bahnhof (8,6 km)25. Juni 1928
Hirschberg - Schmiedeberg - Landeshut (39,9 km)9. Dezember 1932
Zillerthal-Erdmannsdorf - Krummhübel (6,9 km)29. Juni 1934
Obermerzdorf - Krausendorf /Verbindungskurve (1,84 km)15. Oktober 1938

Im Jahr 1938 erreichte das elektrifizierte schlesische Netz seine größte Ausdehnung mit 396,73 km. Davon entfielen 171,97 km auf Nebenlinien, 15,34 km auf Güterzug- und Verbindungsstrecken und 6,9 km auf die private Riesengebirgsbahn Zillerthal-Erdmannsdorf - Krummhübel.



Für folgende Strecken war die Elektrifizierung geplant, kam aber aus finanziellen Gründen und dem 2. Weltkrieg nicht zur Ausführung:
  • Breslau - Liegnitz - Kohlfurt - Görlitz
  • Kohlfurt - Sorau - Sommerfeld
  • Arnsdorf - Sagan - Sommerfeld
  • Dittersbach - Glatz
  • Liegnitz - Königszelt - Camenz
  • Breslau - Strehlen - Camenz - Glatz



Perspektivisch sollte auch eine Verbindung mit dem elektrifizierten mitteldeutschen Netz geschaffen werden (Görlitz - Dresden - Leipzig), möglicherweise auch nach Berlin, aber all diese Pläne wurden auf Grund der Geschichte und geopolitischer Veränderungen Makulatur.

Neuerungen an Fahrleitungsanlagen für elektrische Vollbahnen
Von W. Usbeck, Breslau

Die Fahrleitungen der zu der elektrischen Zugförderungsanlageauf den schlesischen Gebirgsbahnen gehörenden Strecken sind ursprünglich nach den bekannten Bauarten der drei großen Elektrizitätsfirmen: der Allgemeinen Elektricitaets-Gesellschaft, der Siemens-Schuckertwerke und der Bergmann-Elektrizitätswerke, gebaut worden.

Die einzelnen Bauarten sind folgendermaßen grundsätzlich gekennzeichnet:
Bei der AEG-Baurt werden Fahrdraht und Tragseil gemeinsam nachgespannt zu dem Zwecke, bei allen Temperaturen eine möglichst gleichbleibende Fahrdrahtanlage zu erzielen. Das setzt die Verwendung möglichst gleichartigen Materials bezüglich der Wärmeausdehnungsziffer für Fahrdraht und Tragseil voraus. Infolgedessen wird bei Verwendung kupfernen Fahrdarhtes im allgemeinen ein Bronzetragseil benutzt.

Die SSW-Bauart verwendet ein fest verankertes Tragseil aus Stahl oder Bronze, während der Fahrdraht nachgespannt wird. Zur Erzeilung einer leichten Nachspannbarkeit wird der Fahrdraht nicht unmittelbar am Tragseil, sondern mittels Schlaufen an einem Hilfstragdraht aufgehängt, der seinerseits mit Hängedrähten an dem Tragseil starr aufgehängt ist.

Die Bauart der Bergmann-Werke stellt schließlich eine Auflösung dieses Hilfsdrahtes in eine Anzahl paralleler Geradführungen dar, an denen sich der Fahrdraht unter dem Einfluß der Nachspannvorrichtung ebenfalls in seiner Längsrichtung verschieben kann.



Die Erfahrungen mit diesen drei Bauarten haben gezeigt, daß der durch die besonderen Einrichtungen erstrebte Zweck einer möglichst elastischen Stromabnahme zwar erreicht wird, daß aber die verwickeltere Bauart bei den üblichen Fahrgeschwindigkeiten nicht notwendig ist, daß vielmehr diese zusätzlichen Einrichtungen dann nachteilig wirken, wenn sie nicht aus hochwertigem Material hergestellt sind. Die Deutsche Reichsbahn hat daher im Benehmen mit den Elektrizitätsfirmen eine vereinfachte Bauart auf Grund der inzwischen gesammelten Erfahrungen entwickelt, die erstmalig auf der Teilstrecke Lauban-Schlauroth der schlesischen Gebirgsbahnen angewendet ist und dort seit fast zwei Jahren sich gut bewährt hat. Sie besteht aus einem fest verankerten Tragseil und einem nachgespannten Fahrdraht, der durch Hängeseile an dem Tragseil unmittelbar aufhegängt wird, wobei unter der Einwirkung der Wärmeänderungen die Hängeseile sich mehr oder weniger schief stellen.
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Fahrleitungsjoch auf Strecke zwischen Ruhbank und Merzdorf, km 317,5 (1919), Siemens Corporate Archive

Wie [...] ersichtlich, wurde bei zweigleisigen Strecken die Fahrleitung an einem Joch aufgehängt, das beide Gleise zugleich überspannte. Diese Einrichtung hat den Nachteil, daß bei Entgleisungen, durch die die Fahrleitung des von dem Unfall betroffenen Gleises beschädigt wurde, die Fahrleitung des anderen Gleises in der Regel mit Schaden litt, so daß die doppelgleisige Strecke vollkommen betriebsunfähig wurde. Bei den neueren Bauausführungen wird daher die Fahrleitung jedes Gleises für sich an Auslegern befestigt...


Fahrleitung auf Streckenabschnitt Lichtenau-Nikolausdorf (1922), Siemens Corporate Archive

Bei den früheren Ausführungen ist auf die Sichtbarkeit der Signale nir soweit Rücksicht genommen worden, als es in dem Rahmen der gegebenen Anordnung mit Querjochen möglich war. Beim Bau der Fahrleitung für die Strecke Lauban-Schlauroth hat man zum ersten Male von einem einfachen Abhilfsmittel Gebrauch gemacht: Zwischen Vorsignal und Hauptsignal werden die Fahrleitungen an doppelgleisigen Suslegern aufgehängt, deren Maste auf der anderen Seite des Gleiskörpers aufgestellt sind. Das Bild zeigt deutlich die damit erzielte günstige Wirkung. Der Lokomotivführer wird durch diese Anordnung auch bei Nebel an die Annäherung an das Hauptsignal aufmerksam gemacht, wenn die sonst die Strecke begleitenden Maste fehlen. Allerdings ist damit der Grundsatz durchbrochen worden, daß die Fahrleitung jedes Gleises für sich an besonderen Tragwerken aufgehängt werden soll.


Streckenabschnitt Lauban-Schlauroth, Einfahrt in Bahnhof Nikolausdorf (1922), Siemens Corporate Archive

Im allgemeinen wurden bisher die Fahrleitungsanlagen an eisernen Gittermasten aufgehängt. Hierbei ergibt sich zweifellos eine verhältnismäßig leichte und durchsichtigere Konstruktion der Tragwerke. Diese Anordnung hat aber den Nachteil, daß sie in gewissen Zeiträumen, etwa in sieben Jahren, den Neuanstrich der Eisenteile erfordert, eine Maßnahme, die im Betrieb vorgenommen werden muß und wegen der Nähe der Hochspannungsleitungen nicht nur gefährlich, sondern auch recht kostspielig ist. Versuchsweise ist daher auf der Strecke Lauban-Schlauroth ein längerer Streckenabschnitt mit Masten aus Schleuderbeton ausgerüstet worden, nachdem früher schon auf der Teilstrecke Petersdorf-Grünthal der Riesengebirgsbahn Hirschberg-Grünthal ein mit solchen Schleuderbetonmasten gemachter Versuch günstige Ergebnisse erzielt hatte. [...] Die Betonmaste gewähren infolge ihrer schlanken Form durchaus keinen unschönen Eindruck. Sie haben sich bisher gut bewährt. Der Vorteil bei ihrer Verwendung liegt nicht nur in dem Wegfall des Anstrichs, sondern auch darin, daß sie im allgemeinen keines besonderen Betonfundamentes bedürfen.


Maste mit Rohrausleger auf der Strecke Moys-Hermsdorf (1923), Siemens Corporate Archive

Auch für die Fahrleitung auf Bahnhöfen sind versuchsweise Betonmaste verwendet worden. Bei den Zugkräften, die hier von den Masten aufzunehmen sind, müssen die Maste als Doppelmaste mit Querversteifungen ausgebildet werden, was eine ziemlich schwere Konstruktion bedingt. Es empfiehlt sich daher im allgemeinen nicht, Betonmaste für diese Zwecke zu verwenden. [...]


Betonmaste mit Querseilaufhängung im Bahnhof Nikolausdorf (1922), Siemens Corporate Archive

Bei den früheren Ausführungen hat man die Fahrleitungen auf Bahnhöfen im allgemeinen an Hängewerkkonstruktionen befestigt. Das führte zu einem ziemlich unübersichtlichen Streckenbild, da die Querträger, an denen die Fahrleitungen hängen, in der Perspektive untereinander erscheinen und daher die Signalbilder recht ungünstig beeinflussen.


Aufhängung der Fahrleitung an eisernen Jochen im Bahnhof Hirschberg (1919), Siemens Corporate Archive

Versuchsweise hat man daher schon früher bei dem Ausbau der schlesischen Gebirgsbahnen drei Bahnhöfe mit Querseilaufhängung ausgerüstet, mit der recht gute Erfahrungen bezüglich der Verbesserung der Signalbilder erzielt worden sind.


Querseilaufhängung im Bahnhof Jannowitz (1919), Siemens Corporate Archive

Die Bahnhöfe der Strecke Lauban-Schlauroth sind daher sämtlich mit Querseilaufhängung versehen worden. [...]


Querseilaufhängung im Bahnhof Lichtenau (1922), Siemens Corporate Archive


Querseilaufhängung im Bahnhof Görlitz (1922), Siemens Corporate Archive

[Elektrische Bahnen, Juli 1925, S. 284-290]

Fahrleitung mit drehbaren Rohrauslegern in Schlesien
Von Reichsbahnrat Dr.-Ing. Kettler, Berlin (1935)

Die Deutsche Reichsbahn baute bei den letzten großen Elektrisierungen von Fernstrecken, die mit Einphasen-Wechselstrom 15 kV Nennspannung und 16 2/3 Hertz Nennfrequenz betrieben werden, eine Fahrleitungsanlage, die aus jahrelangen Erfahrungen bei elektrisierten Strecken entwickelt war. Diese als "Einheitsfahrleitung" bezeichnete Fahrleitung stellt einen gewissen Abschluss  in der Entwicklung dar und kann auf Grund der guten Erfahrungen im Betriebe als eine technisch vollkommene und auch wirtschaftliche Bauweise einer Fahrleitung bezeichnet werden.
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Die Einheitsfahrleitung hat folgende grundsätzlichen Merkmale, auf die kurz einzugehen zum Verständnis der weiteren Ausführungen notwendig ist.

Die Fahrleitung besteht aus dem Tragseil und dem Fahrdraht. Das Tragseil ist in bestimmten Abständen fest verankert, während der am Tragseil aufgehängte Fahrdraht in den gleichen Abschnitten beweglich mit Hebelnachspannern und Gewichten abgefangen wird. Die Spannung des Tragseils ist demnach durch die festen Verankerungen je nach den Außentemperaturen (in den Grenzen von -30° bis +40°) verschieden groß. Das bedeutet eine Änderung des Durchhanges zwischen den Stützpunkten in nicht unerheblichen Maße. [...] Der Fahrdraht ist aber zwischen den Stützpunkten, deren Entfernung heute 75 m beträgt, mit Hängern am Tragseil aufgehängt, folgt also in seiner Lage zum Gleis den Durchhangänderungen des Tragseiles. [...] Diese verschieden hohe Lage des Fahrdrahtes bei den Grenztemperaturen, die im Bertrieb vorkommen können, beeinflußt die Stromabnahme und den Lauf des Stromabnehmers bei hohen Geschwindigkeiten ungünstig.

Weiter ist der Fahrdraht bei der Einheitsfahrleitung von Stützpunkt zu Stützpunkt mittels besonderer Seitenhalter im Zickzack geführt. Der Seitenhalter besteht aus verschiedenen Klemmteilen, dem Seitenhalterrohr, dem Isolator und den Anschluß- und Befestigungsteilen am Mast. Das Gewicht dieser Teile ruht mit einem nicht unerheblichen Anteil auf dem Fahrdraht. Während also die Fahrleitung zwischen den Stützpunkten ohne größere Gewichtsanhäufungen elastisch ist, ruht am Stützpunkt ein zusätzliches gewicht auf dem Fahrdraht, das die Elastizität der Fahrleitung an diesen Stellen stört. Auch hierdurch wird der Lauf des Stromabnehmers bei hohen Geschwindigkeiten ungünstig beeinflusst.
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In folgendem soll nun eine Fahrleitungsbaurt beschrieben werden, mit der eine bessere Stromabnahme bei höheren Geschwindigkeiten erstrebt wird. Sie enthält außerdem andere Neuerungen, die mit der besseren Stromabnahme nicht unmittelbar zusammenhängen. Da diese aber auf anderen Gebieten Vorteile von erheblicher Bedeutung bringen können, soll auch hierauf eingegangen werden.

Die neue Fahrleitungsanlage baut sich auf Erfahrungen im elektrisierten Netz in Schlesien auf und verwendet erstmalig in größerem Umfange Ausleger, die drehbar angeordnet sind und aus Rohren bestehen. Diese drehbaren Rohrausleger fanden zunächst versuchsweise in kleinerem Umfange auf der schlesischen Strecke Lauban-Marklissa Verwendung und wurde nach Bewährung anläßlich der Elektrisierung der Strecke Hirschberg-Schmiedeberg-Landeshut im Jahre 1932 auch auf dieser Strecke ausschließlich eingebaut.
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Die Fahrleitung ist in ihrem grundsätzlichen Aufbau, insbesondere hinsichtlich der Sommer- und Winterlage des Fahrdrahtes der Einheitsfahrleitung gleich. Lediglich die Stützpunkte auf der freien Strecke sind verschieden. Bei der Einheitsfahrleitung besteht dieser aus Mast und Ausleger. Am Ausleger des Profileisens hängt das Kettenwerk unter Zwischenschaltung eines Stabisolators. Einen Stützpunkt für den gleichen Zweck in Schlesien zeigt Bild 3.


Bild 3. Drehbare Rohrausleger in Schlesien, Stützpunkt der geraden freien Strecke

Der Ausleger des Profileisens ist hier durch ein Rohr ersetzt. Der Stabisolator oberhalb des Gleises im Bereich der Abgase bei Dampflokomotiven ist durch einen Stützisolator außerhalb des Gleises ersetzt. Das ist bei Strecken mit gemischten Betrieb (Dampf-und elektrischer Betrieb) zur Vermeidung der Verschmutzung der Isolatoren von Bedeutung. Bekanntlich wird bei Strecken mit gemischten Betrieb im Bereich der Abgase doppelte Isolation eingebaut. Das ist bei Verwendung dieser Auslegerbauart auf der freien Strecke nicht notwendig. Die Verwendung von Stützisolatoren befriedigt allerdings technisch nicht. Sie sind in Schlesien deshalb eingebaut, weil diese Isolatorenbauart bereits in größerem Umfange eingeführt war. Alle unter Spannung stehenden Teile des Auslegers, auch das Auslegerrohr, sind feuerverzinkt ausgeführt. Die Unterhaltungsarbeit wird hierdurch erleichtert, da Anstricharbeiten durch besonders vorgebildete Kräfte der Fahrleitungsmeistereien ohne Abschaltung der Fahrleitungsanlagen, also ohne größere Verlustzeiten, in einem Zuge ausgeführt werden können. Bild 4 zeigt einen Stützpunkt bei Mittelmasten in Nachspannfeldern ohne elektrische Trennung, Bild 5 hingegen einen solchen mit elektrischer Trennung.


Bild 4. Drehbare Rohrausleger in Schlesien, Stützpunkt in Nachspannfeldern ohne elektrische Trennung


Bild 5. Drehbare Rohrausleger in Schlesien, Stützpunkt in Nachspannfeldern mit elektrischer Trennung

Bild 6 stellt einen Rüsselausleger dar, der in Gleiskrümmungen mit sehr kleinem Halbmesser auf der Bogeninnenseite verwendet wird.


Bild 6. Drehbarer Rüssel-Rohrausleger in Schlesien

Man erkennt aus den Beispielen, daß alle Auslegerbauarten mit Rohren herstellbar sind, die im Fahrleitungsbau auf der freien Strecke unter Beachtung der verschiedenen Krümmungsverhältnisse, der Stellung der Masten auf der Bogeninnen- und Bogenaußenseite, und der Nachspannfelder mit oder ohne elektrische Trennung zu Verwendung kommen müssen. Umfangreiche Belastungsversuche mit diesen Rohrauslegern in Schlesien haben gezeigt, daß für alle dort vorkommenden Fälle unter Wahrung ausreichender Sicherheiten mit Rohren gleichen Durchmessers auszukommen ist. Alle Ausleger wurden demnach aus Rohren mit gleichem Durchmesser, nur mit verschiedenen Längen hergestellt, wobei aber durch Zusammenfassung in wenige Gruppen mit gleichen Rohrlängen eine weitere Vereinfachung erzielt werden konnte. Alle sonstigen Einzelteile der Stützpunkte konnten den vorhandenen, bereits anderweitig verwendeten und zum größten Teil auch den für die Einheitsfahrleitung genormten Einzelteilen entnommen werden.
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Die Verwendung von Rohrauslegern hat sich in Schlesien gut bewährt.
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[Elektrische Bahnen, Heft 2 (1935), S. 45.48]

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